Ausgabe 23 · November 2016

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Einkaufen mit dem Fahrrad – Praxiserfahrungen mit Logistikzubehör

von Eduard J. Belser

Seit 2002 überzeugter Liegetrike-Fahrer, hat sich der Autor in den letzten Jahren intensiv mit den Möglichkeiten der Fahrradlogistk im Alltag beschäftigt. Motiviert dazu haben ihn seine eigene Bedürfnisse und Anregungen, vor allem von den in Sachen Fahrradwissen äußerst ergiebigen Inhalten auf velowerk.ch und dem Artikel Schwertransport per Rad? hier im Magazin fahrradzukunft.de. Die Erfahrungen mit seinem derzeitigen Liegetrike, einem faltbaren Gekko fx von HP Velotechnik, lassen sich zum großen Teil auf normale Fahrräder übertragen. Im Zentrum steht dabei als häufigste alltägliche Transportaufgabe das Einkaufen. Sein Liegetrike hat sich als besonders alltagstaugliches Einkaufsrad erwiesen.

Einkaufen mit dem Fahrrad ist umweltschonend, energieeffizient und hält fit – es ist »öko-fit«. Damit es auch noch richtig Spaß macht, gilt es bei der Auswahl und dem Kauf des Fahrrades und des Zubehörs einige Punkte zu beachten. Erstaunlich wenige Leute unterziehen sich dieser Mühe. Mountainbike- und Rennradfahrer mit Rücksäcken und noch unpraktischer mit an die Lenker gehängten, gefährlich schlenkernden Einkaufstüten und Taschen sind ein alltäglicher Anblick.

Bild 1: Der Autor fährt ein faltbares Liegetrike Gekko fx von HP Velotechnik, das sich auch zum Einkaufen als hervorragend geeignet erwies. Hier für Radreisen ausgerüstet.

Was ist ein gutes Alltags-/Einkaufsrad?

Ein gutes Alltags-/Einkaufsrad muss beim Fahren jeden Tag Freude bereiten und den alltäglichen Transportaufgaben gewachsen sein. Es muss deshalb sicher, solide, bequem und zweckmäßig ausgerüstet sein. Bei der Basis jeden Fahrrads, beim Rahmen, stehen die traditionellen Herrenradrahmen, auch Diamantrahmen oder Roverrahmen genannt und die sogenannten Damenradrahmen als traditioneller »Schwanenhalsrahmen« oder als modernerer Trapezrahmen zur Wahl, aber auch Sonderformen wie Kompakträder, Falträder usw.

Ist der Gepäckträger voll gepackt lässt sich das Bein zum Aufsteigen nicht mehr über das Hinterrad auf die andere Seite des Fahrrads schwingen und beim Herrenrad steht dem bequemen, sicheren Aufsteigen als weiteres Hindernis das Oberrohr des Rahmen im Weg. Deshalb ist aus Sicht des Autors für ein Alltagsrad zum Einkaufen ein Rahmen mit tiefem Durchstieg vorteilhaft. Modernen Alu-Fahrradrahmen mit großvolumigen, steifen Rohren verbinden tiefen Durchstieg mit hoher Stabilität. Wichtig ist ein zur Körpergröße und zur bevorzugten Körperhaltung beim Fahrradfahren passender Rahmen. Viele Fahrradfachhändler verfügen über Messfahrräder, mit dem sich das ausmessen lässt und verschiedene Lenker, Vorbauten und Sättel ausprobiert werden können.

Ein ärgerliches Versäumnis der meisten Fahrradhersteller ist der ungeordnet herum hängende Kabelverhau über dem Vorderrad. Um Konflikte damit zu vermeiden, wird meist die bequeme aber falsche Lösung gewählt – die Halterungen für Frontkörbe werden oben am Steuersatz oder am Vorbau befestigt. Diese gehörten jedoch unten an das Steuerrohr, wo sie das Lenkverhalten weniger beeinflussen. Dass dies geht, beweist die durchdachten Kabelführungen von Thomas Lösch vom velowerk in Schaffhausen an seinen eigenen und veredelten Tern-Fahrrädern. Auf velowerk.ch findet man zahlreiche weitere Anregungen zum Thema Fahrradlogistik.

Bild 2: Ein komfortabler, alltagstauglicher Exot ist der in Kleinserie gebaute meierCruiser. Die entsprechenden Streben am Gepäckträger bieten Platz für seitliche Körbe und Taschen. Der KlickFix-Fronthalter sitzt am richtigen Platz, am Steuerrohr.
Von: meierCruiser

Kompakträder mit, in der Regel 20-Zoll- oder allenfalls 24-Zoll-Rädern haben den Vorteil, dass der Schwerpunkt des beladenen Fahrrads tiefer liegt und der Abstand zwischen Sattel und Gepäckträger größer ist als bei Fahrrädern mit 26- oder 28-Zoll-Rädern, was den Transport voluminöser Ladungen auf dem Gepäckträger erleichtert. Die kompakten Abmessungen sind auch ein Vorteil beim Transport im öffentlichen Verkehr. Die Auswahl an qualitativ guten Kompakträdern ist groß. Erwähnt seien hier beispielsweise das in zahlreichen Versionen erhältliche »i:Sy« von Hartje, das mit Front- und Heckgepäcktäger für Transporte prädestinierte »Lorri« von Kemper, »Gretel« von Bernds, das »Pony« von Riese&Müller und andere. Viele dieser Kompakträder werden auch in Ausführungen mit Elektromotorunterstützung angeboten.

Falträder haben zu Unrecht einen von früheren Billigangeboten an klapprigen Klapprädern verdorbenen Ruf. Qualitativ hochwertige, bei einem spezialisierten Fachhändler gekaufte Falträder werden sogar erfolgreich für große, anspruchsvolle Radreisen eingesetzt. Sie bieten die bereits unter Kompakträder erwähnten Vorteile, erweitert um die Faltbarkeit.

Falträder sind in der Stadt besonders empfehlenswert, da sie gefaltet vor Dieben und Witterung geschützt in der Wohnung untergebracht und in einer Transporthülle kostenlos im öffentlichen Verkehr [1] mitgenommen werden können. Allerdings sollte bei den Falträdern, wie bei den Kompakträdern, auf eine Radgröße von mindestens 20 Zoll, breite Ballonreifen, eine gute Nabenschaltung und einen der kleinen Radgröße angepasstem Entfaltungsbereich besonderen Wert gelegt werden. In diesem Segment bieten beispielsweise Tern und Dahon eine große Auswahl an Modellen an, auch solche mit besonders tiefem Durchstieg.

Bremsen, Schaltungen, Reifen usw. – was ist bei der Wahl wichtig?

Das Gewicht beladener Einkaufsrad stellt entsprechend hohe Anforderungen an die Bremsen. Am wirksamsten sind Scheibenbremsen. Gut sind auch noch mechanische oder besser hydraulische Felgenbremsen. Bei diesen Bremssystemen müssen allerdings die Bremsbeläge regelmäßig kontrolliert und rechtzeitig ersetzt werden. Bei Felgenbremsen ist zusätzlich die Kontrolle der Felgen auf Abnutzung durch das Bremsen sicherheitsrelevant. Eher nicht zu empfehlen sind die wenig wirksamen, bei längeren Talfahrten zum Überhitzen neigenden Rollerbrake-(Rollen-)Bremsen und die nach einem ähnlich Prinzip funktionierenden, veralteten Rücktrittbremsen. Kaum noch gebräuchlich sind Trommelbremsen.

Ein mit Einkäufen voll beladenes Fahrrad, allenfalls sogar noch mit einem schweren Anhänger, nach einer Notbremsung mit verpasstem Herunterchalten wieder in Fahrt zu bringen ist schwierig, wenn sich die Schaltung nicht im Stand in die kleinste Übersetzung schalten lässt. Deshalb sind Kettenschaltungen an einem Alltags-/Einkaufsrad prinzipbedingt untauglich. Der Notbehelf, das Fahrrad im »Tretrollermodus« soweit in Fahrt zu bringen, dass geschaltet werden kann, ist mühsam. Bei Liegetrikes funktioniert das gar nicht. Auch Fahrradtransportprofi Stephan Thonett schreibt dazu unmissverständlich: »Wichtig: Der Gang muss im Stand gewechselt werden können! Hat man mit einer Kettenschaltung am Berg im falschen Gang angehalten, geht nichts mehr!«

Moderne Naben- und Tretlagerschaltungen lassen sich im Stand und unter Last schalten, sie sind aber etwas schwerer und teurer als Kettenschaltungen, dafür läuft der Schaltmechanismus in einem staubdichten, mit Schmiermittel gefüllten Gehäuse. Mit einer Nabenschaltung verläuft die Kette immer in der optimalen Kettenlinie und das Hinterrad kann symmetrisch eingespeicht werden, das macht es solider. Es wird immer behauptet, eine Kettenschaltung laufe leichter als eine Nabenschaltung, das stimmt teilweise, gilt aber aber nur für eine regelmäßig gut gewartete Kettenschaltung. Naben- und Tretlagerschaltungen sind in jedem Fall pflegeleichter, solider und vor allem alltagstauglicher als Kettenschaltungen.

Bei den Nabenschaltungen stehen preiswerte 5-, 7- und 8-Gang-Schaltungen, eine etwas teurere 11-Gang-Schaltung, die teure Königsklasse der 14-gängigen Rohloff-Nabe und im mittleren Preisfeld die stufenlose NuVinci-Schaltungen N330 und N380 zur Wahl. Die teuren Pinion-Tretlagerschaltungen sind eine weitere Alternative zu Kettenschaltungen. Die neuerdings wieder auftauchenden »automatischen« Zweigang-Nabenschaltungen sind vielleicht im flachen Holland zu gebrauchen, aber sicher nicht in anspruchsvolleren topografischen Verhältnissen. [2] Wichtig ist in jedem Fall, dass der abgedeckte Entfaltungsbereich der gewählten Schaltung dem befahrenen Straßennetz sowie den Gewohnheiten und Bedürfnissen des Benutzers angepasst ist.

Bild 3: Das Liegetrike des Autors ist vorne mit einem fußgeschalteten Schlumpf HigthSpeedDrive ausgestattet. Dieser lässt sich auch im Stand schalten und sieht besser aus als eine dreiblättrige »Dackelsäge«. Hinten arbeitet eine stufenlosen NuVinci N360 Nabenschaltung. Das nicht benötigte Umwerferrohr wurde als Griff zum Handhaben des gefalteten Liegetrikes umfunktioniert.

Das Liegetrike des Autors ist hinten mit einer stufenlosen Nabenschaltung NuVinci N360 mit eine Entfaltungsbereich von 360 % ausgerüstet. Die reicht allerdings für ein Liegetrike und in schweizer Verhältnissen bei weitem nicht aus, deshalb sitzt am Tretlager noch eine zweigängige Tretlagerschaltung Schlumpf HighSpeedDrive. Bei dieser dreht das Kettenblatt im »Landschildkrötengang« mit derselben Drehzahl, wie die Tretkurbeln, im »Rennmausgang« dreht sich das Kettenblatt 2,5 Mal schneller. Die NuVinci lässt sich unter Last und bedingt auch im Stand schalten. Im Stand muss allerdings zum Schalten im mittleren Entfaltungsbereich ein deutlicher Widerstand überwunden werden. Möglicherweise wurde diese Schwäche bei den Nachfolgemodellen N330 und N380 behoben oder gemildert. Das Gewicht ist allerdings gleich geblieben. Die Schlumpf-Schaltung lässt sich unter Last und im Stand gut schalten. Gegen die NuVinci würden eigentlich das vergleichsweise hohe Gewicht und die objektiv gemessenen, relativ schlechten Wirkungsgradwerte sprechen. Im Alltagsbetrieb werden diese jedoch durch den Komfort der Stufenlosigkeit mehr als wett gemacht und nicht als nachteilig empfunden. Zusammen bringen die beiden Schaltungen einen Entfaltungsbereich von 900 %, was auch für ein schwer beladenes Liegetrike und im Anhängerbetrieb mehr als ausreichend ist.

Noch etwas: Schalthebel/Schaltgriffe gehören an den Lenker. Schalthebel weit unten am Unterrohr des Rahmens, nach denen man bei jedem Schalten mit Verrenkungen suchen muss, sind ein unnötiges Sicherheitsrisiko. Eine Fahrradrückspiegel ist ein zusätzlicher Gewinn für die Sicherheit und an einem Liegetrike/Liegerad sogar unentbehrlich.

Bei jedem Alltagsrad sollte auf eine gute Bereifung mit Pannenschutz geachtet werden. Ballonbereifungen ab 50 mm Reifenbreite bieten einen größeren Fahrkomfort und haben den Vorteil, dass sie weniger leicht in Straßenbahnschienen und andere Fahrradfallen einfädeln und so Stürze verursachen können. Niederländische Untersuchungen haben gezeigt, dass Ballonreifen mit richtig angepasstem Reifendruck auch auf glatter Straße ebenso leicht rollen, wie schmale Reifen. Eine Erfahrung, die der Autor mit den 50 mm breiten Big Apple Reifen von Schwalbe nur bestätigen kann. Auf Kieswegen wäre zudem mit schmalen Reifen nur äußerst mühsam vorwärts zu kommen. Auf befestigten Straßen sind Ballonreifen einer Federgabel vorzuziehen, da sie auch feine Vibrationen dämpfen.

Unabdingbar ist ein solider Ständer am Hinterbau, auf dem das Einkaufsrad sicher steht. Ein Mittelbauständer, d.h. beim Tretlager, ist für ein Einkaufsfahrrad nur bedingt geeignet, da die Kräfte bei stark belastetem Gepäckträger nur ungenügend abgefangen werden können. Eine gute Lösung sind auch Zweibeinständer. Zusätzliche Standfestigkeit wird mit einer feststellbaren Bremse erreicht. Nicht vergessen werden darf auch ein solides Schloss. Am besten eines, mit dem sich das Fahrrad auch an einem Geländer, Laternenpfahl usw. anschließen lässt.

Bei Beleuchtung und Reflektoren sind die Mindestanforderungen an die Beleuchtung durch die jeweiligen, länderspezifischen Straßenverkehrsgesetzgebungen gegeben. Eine moderne LED-Beleuchtung gespeist von einem leichtläufigen Nabendynamo lohnt sich, denn »Sichtbarkeit gibt Sicherheit«. Das Rücklicht sollte nicht freistehend sein, sondern z.B. von einen Bügel geschützt sein. Wird mit Anhänger gefahren muss die Beleuchtung des Fahrrads u.U. mit einem zusätzlichen Rücklicht am Anhänger ergänzt werden. Die früher lieferbare Anhängerbeleuchtung »Trailermatic«, mit der das Kabel eines Anhängerrücklicht am Fahrrad eingesteckt werden konnte und das Rücklicht des Fahrrad dabei ausgeschaltet wurde, findet sich im aktuellen Angebot von Busch & Müller nicht mehr.

Das richtige Zubehör bringt’s!

Wichtig sind an einem Einkaufsrad ein solider Gepäckträger und geeignete Fahrradkörbe und/oder Fahrradtaschen. Am besten sind Fahrradkörbe/Fahrradtaschen die seitlich am Gepäckträger herunter hängen und den Schwerpunkt tief halten. Weidenkörbchen mögen neckisch aussehen und aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, sind aber in der Witterung nicht lange haltbar. Körbe aus lackiertem Eisendraht rosten meistens rasch.

Bild 4: Das Liegetrike des Autors mit den seitlichen Körben nach Vorbild des velowerks und dem oberen Korb nach eigenen Ideen. Damit sind auch große Einkäufe ein Vergnügen.

Am geeignetsten sind gemäß den Erfahrungen des Autors – auch im direkten Vergleich mit Fahrradtaschen – solide, abwaschbare, abnehmbare Kunststoffkörbe. Offene, vom Kassenpersonal gut einsehbare Fahrradkörbe haben den Vorteil, dass sie im Geschäft an den Regalen gefüllt, zur Kasse gebracht, nach der Kasse wieder bepackt und dann ans Fahrrad gehängt werden können. Zu Hause gelangen solchen Einkäufe mit diesen Körben ohne Umpacken direkt in die Küche oder den Vorratsraum – eine ungebrochene, effiziente Logistikkette. Ein großer Vorteil im Vergleich zu den häufig zu sehenden, fest auf dem Gepäckträger montierten Fahrradkörben. Allerdings sind die Einkäufe in Körben nicht witterungs- und staubgeschützt.

Diese idealen Körbe sind leider im Handel nicht zu kaufen, bzw. nur zusammen mit den hochwertigen Fahrrädern des velowerks. Sie lassen sich jedoch aus den KlickFix Lamello-Körben und den Hakenschienen von Ortlieb mit etwas Geschick problemlos selbst zusammenbauen. Der Autor hat sich den Nachbau der »velowerk-Körbe« mit zwei Körben zu je 18 Litern erlaubt und ist bei jedem Einkauf glücklich über diese ungemein praktischen Lösung. Sie lassen sich mit einem Griff, der Tragbügel und Entriegelungsschlaufe der Hakenleiste umfasst, vom Gepäckträger lösen und einhängen.

Das Liegetrike des Autors ist mit einem Gepäckträgeradapter für den nicht mehr lieferbaren Hartschalen-Rollenkoffer von Ortlieb ausgerüstet. Deshalb hängen diese Körbe so tief, dass links die Weber BO-Kupplung abgedeckt wird und nicht zusammen mit dem Korb benutzbar ist. Der Gummibalg der Weber-Kupplung leidet auch entsprechend und muss von Zeit zu Zeit ersetzt werden. Wegen der technischen Vorgaben für die Montage der NuVinci-Nabe könnte die Weber E-Kupplung nicht eingesetzt werden. Mit einem entsprechenden angepassten Montageblech zur Weber E-Kupplung für das Ausfallende könnte dieser kleine Mangel behoben werden. Dies wäre aber als Einzelanfertigung ziemlich aufwändig. Dieser Konflikt kann durch die beengten Platzverhältnisse auch bei Kompakt- oder Falträdern mit 20-Zoll-Rädern auftreten, er ist nicht spezifisch für Liegetrikes.

Bild 5: Der Konflikt zwischen weit herunter hängendem linken Korb und der Weber-Kupplung ist deutlich zu erkennen, aber im Alltag zu verschmerzen.

Der Autor versuchte das Problem mit einem dritten, 12-Liter-Lamello-Minikorb von Klick-Fix zu lösen, was nicht gelang. Auch dieser hängt zu weit hinunter. Dieser Korb hat sich jedoch als praktische Ergänzung für kleine Einkäufe erwies. Er wurde noch mit einer Grundplatte für den Gepäckträgeradapter von Ortlieb ergänzt, so können alle drei Körbe mit zusammen 48 Liter Inhalt eingesetzt werden. Die Limit beim Beladen setzt dann allerdings die Belastbarkeit des Gepäckträgers mit 20 Kilo. Höher belastbare Träger sind aber im Handel erhältlich. Da die KlickFix-Platte für den Frontadapter dem Korb beilag, wurde diese ebenfalls montiert. So entstand ein »Kamasutra-Körbchen« das drei Stellungen beherrscht, seitlich am Gepäckträger, auf dem Gepäckträger und mit dem Pedelec eines anderen Familiemitgliedes auch vorne an dessen Lenker.

Bild 6: Die hochwertige, gut isolierte Kühlbox ist für temperaturempfindliche Einkäufe wie Eis und Tiefkühlprodukte unentbehrlich.

Der regelmäßige Einkauf von Eis im einige Kilometer entfernten Bauernladen war mit einer billigen Kühlbox aus dem Tankstellenshop auf dem Anhänger immer eine Wettfahrt gegen das Auftauen der kalten Leckerei. Die Suche im Internet nach einer kompakten, hochwertigen Kühlbox führte im Anglerbedarf zum Erfolg. Es war vorab nicht zu 100 % zu klären, ob die kleine Kühlbox mit 13 Liter Inhalt wirklich passt. Zum Glück passte sie Zentimeter genau auf die Grundplatte für den Ortlieb-Gepäckträgeradapter und ebenso knapp auf dem Gepäckträger hinter die Kopfstütze des Liegetrikes.

Bild 7: Eine Kunststoffbox dient dem Transport von nässe- und staubempfindlichen Einkäufen.

Weil das Basteln mit Ortlieb-Gepäckträgeradapter so erfolgreich war, folgte noch eine durchsichtige Kunststoffbox, für nässe- und staubefindliche Einkäufe oder Schüttgut, wie z.B. Blumenerde.

Zum Einkaufsfahrrad-Zubehör gehören unbedingt verstellbare, kräftige und sicher fixierbare, Zurrgurte, z.B. von SpanSet [sic!], um die Ladung gut und professionell auf dem Gepäckträger oder Fahrradanhänger zu sichern. Gummizüge sollten nur für leichtes, voluminöses Ladegut wie z,B. WC- oder Küchenpapierrollen eingesetzt, werden.

Halterungen aus Edelstahl, die auf die meisten Fahrradgepäckträger passen und an denen sich links und rechts Getränkekisten sicher einhängen lassen können ebenfalls nützlich sein. Allerdings wird ein solider Gepäckträger mit entsprechender Tragkraft vorausgesetzt.

Einkaufs- oder Transportanhänger?

Das teure Liegetrike bleibt im Winter an Tagen an denen die Straßen gesalzen werden in der Garage. Allerdings waren das in den vergangenen milden Wintern jeweils nur wenige Tage, an denen diese Marotte des Autors das Liegetrike stilllegte. Dann wird zu Fuß und mit dem ÖPNV eingekauft.

Der alte Einkaufstrolley mit der von oben zu befüllenden Tasche und dem zu kurzen Griff zum Schieben erwies sich zunehmend als unpraktisch und strapaziös für den Rücken. Deshalb wurde vor Weihnachten 2014 ein Ersatz evaluiert. Die Wahl fiel auf den Einkaufstrolley/Fahrradanhänger »Leggero Max«. Er wurde, ausgehend von einer 1998 entstandenen Idee, in einem Unterrichtsprojekt an der ETH zusammen mit der Firma Brüggli und einem Großverteiler entwickelt und auf den Markt gebracht. Der Leggero Max lässt sich wie ein ladeneigener Einkaufswagen benutzen. Nach dem Einkaufen wird die Kunststoffwanne herunter- und das Stützrad eingeklappt und der Leggero Max mit der Seitendeichsel ans Fahrrad gehängt. Aus Kompatibilitätsgründen zum bereits vorhandenen Fahrradanhänger wurde vom Autor die Version mit abschließbarer Weber-Kupplung gewählt. Die Seitendeichsel wird mit zwei Verschlüssen nach dem Schnellspannerprinzip am Bügel zum Schieben angebracht. Sie kann beim Einkaufen abgeschlossen am Fahrrad bleiben.

Bild 8–10: Der Leggero Max macht im öffentlichen Personenverkehr, auf dem Solothurner Samstagsmarkt und am Liegetrike eine gute Figur

Der Leggero Max erwies sich im Gebrauch im ÖPNV, zu Fuß, und am Fahrrad als ungemein praktisch und bis ins kleinste Detail sorgfältig durchdacht. Die leicht schräg liegende, auf der ganzen Länge zugängliche Wanne schafft beim Einkaufen Übersicht und lässt sich gut bepacken. Bei früheren Einkaufswagen mit der von oben zu füllenden, tiefen Tasche fehlte diese Übersicht.

Zu Fuß geschoben ist der Leggero Max unabhängig davon, wie schwer er beladen ist, sehr gut ausbalanciert. Der Bügel zum Schieben lässt sich einfach in der Höhe verstellen und ist zumindest für Körpergrößen bis 1,80 Meter ausreichend lang für eine Rücken schonende Körperhaltung. Im Griffbereich ist er angenehm mit Moosgummi gepolstert. Die Kunststoffwanne und die wasserdichte Abdeckplane lassen sich problemlos waschen. Alle Teile können einzeln nachgekauft werden.

Zwei kleine Schwächen seien allerdings nicht verschwiegen: Die mit 10 Zoll verhältnismäßig kleinen Vollgummiräder sind für lange Fahrradtouren auf schlechten Wegen eher wenig geeignet. Beim Umstellen der Wanne von der Einkaufs- in die Fahrstellung und umgekehrt ist diese in der Zwischenstellung nicht gesichert. Das ist aber mit etwas Aufmerksamkeit gut im Griff zu halten.

Der Leggero Max bewegt sich im mittleren Preisfeld, ist im Internet bestellbar und wird zerlegt geliefert. Die Anleitung ist gut verständlich und er ist in wenigen Minuten zusammengebaut. Erwähnt sei auch, dass er bei Brüggli in einer Werkstätte für Menschen mit Behinderungen gebaut wird – ein ethischer Pluspunkt. Dem Gedränge auf dem samstäglichen Solothurner Markt Rechnung tragend, hat der Autor sein Exemplar mit einer Fahrradglocke nachgerüstet.

Bild 11: Das Anhängergespann von hinterher.com ist eine Augenweide.
Von: hinterher.com

Für schwerere Einkäufe, wo z.B. Getränkekästen, Elektrogeräte usw. zu transportieren sind, empfiehlt sich ein Transportanhänger oder ein entsprechend umrüstbarer Kinderanhänger. Einen besonders durchdachtes, vielseitig wandelbarer, allerdings auch entsprechend teures Fahrradanhänger-Logistiksystem mit einer breiten Palette an Zubehör für den privaten und professionellen Einsatz bietet die Münchner Firma hinterher.com an. Das Programm wird laufend mit Neuerungen, die aus Kundenbedürfnissen entstehen, ergänzt. Damit lassen sich auch exotische Transportbedürfnisse mit maßgeschneiderten Lösungen aus dem Baukasten bewältigen.

Auf eine gute, solide Anhängerkupplung ist bei Kinder- und Transportanhänger ein besonderes Augenmerk zu richten. Hier ist z.B. die Weber-Kupplung eine gute Wahl. Ihre große Verbreitung erleichtert die gemeinsame Nutzung von Fahrradanhängern. Anhänger mit Seitendeichsel und Kupplung auf Nabenhöhe beeinflussen das Fahrverhalten des Fahrrads weniger und lassen den Gepäckträger frei. Einige Anhänger sind auch mit einer zusätzlichen Handdeichsel oder einer von Anhänger- auf Handbetrieb umstellbaren Deichsel erhältlich, was von Vorteil sein kann, wenn man mit dem Anhänger zu Fuß unterwegs ist.

Bild 12: Der Transportanhänger Carryfreedom Y-Frame Small eignet sich auch für sperriges Ladegut wie diesen Rudertrainer.

Der Autor kaufte 2011 zusammen mit dem Liegetrike einen hochwertigen Carryfreedom Y-Frame Small Transportanhänger. Auch mit diesem Anhänger sind die gemachten Erfahrungen sehr gut. Es lassen sich damit erstaunlich sperrige Dinge transportieren. Aber dank der Körbe, der Kühlbox usw. und dem Leggero Max kommt dieser Anhänger nur noch so selten zum Einsatz, sodass die Reifen vor jedem Einsatz aufgepumpt werden müssen. Würde er wieder mehr eingesetzt, würde der unpraktische Sandpapierbelag der Sperrholz-Ladefläche durch einen Gummibelag ersetzt und der Anhänger mit Zurrösen und Gurten aus dem Angebot von hinterher.com aufgewertet.

Bild 13: Der Carryfreedom Y-Frame Small mit großer, faltbarer Kunststoffbox und IXXI-Akku-Rücklicht von B&M an der Handdeichsel.

Damit der Anhänger auch vollbeladen gut zu sehen, ist wurde die dazu beschaffte, große, faltbare Kunststoffbox mit Reflektoren versehen und ein LED-Akku-Rücklicht zum Befestigen an der Handdeichsel gekauft. »Wird das Rücklicht des Fahrrads durch den Anhänger und seine Ladung verdeckt, muss der Anhänger zu den vorgeschriebenen weißen Rückstrahlern vorne und den roten Rückstrahlern hinten zusätzlich mit einem roten oder orangenem Rücklicht ausgerüstet sein«, schreibt der Gesetzgeber dazu.

Alternative Transportfahrrad

Dieses Thema wurde auch bereits in der FahradZukunft behandelt. Der Autor verfügt über keine eigenen Erfahrungen mit Transportfahrrädern und erlaubt sich deshalb nur folgende Bemerkungen dazu: Ausgehend von den Fahrradländern Holland und Dänemark erobert ein vielfältiges Angebot an Transportfahrrädern zunehmend die Straßen in der Schweiz und Deutschland. Zur Verbreitung in der nicht so ebenen Schweiz hat die Elektrounterstützung die entscheidenden Voraussetzung für die steigende Verbreitung geschaffen.

Einen interessanten Ansatz verfolgt der Kanton Basel-Stadt, wo in den letzten Jahren in der Basler Innenstadt einschneidende Einschränkungen für den motorisierten Individualverkehr umgesetzt wurden und weitere geplant sind. In seinem kürzlich veröffentlichten städtischen Güterverkehrskonzept erwähnt der Kanton ausdrücklich die Förderung von Transportfahrrädern, um die Effizienz auf der »letzten Meile« der Logistikkette zu steigern. Dies hat dazu geführt, dass immer mehr Fahrradkurierdienste ihre Flotte um Transportfahrräder erweitern.

Bild 14: »Kistenvelo« mit Werbeaufschrift für die Mobilitätskampagne »Basel unterwegs«
Von: basel-unterwegs.ch

Der Kanton Basel-Stadt hat im Rahmen seiner Mobilitätskampagne »Basel unterwegs« die Aktion »Kistenvelos [3] für Familien« lanciert, bei der Familien mit Kindern bis Oktober 2016 die Vorteile von Kistenvelos zwei Wochen lang testen können. Die Aktion, die vom Amt für Mobilität durchgeführt wird, findet damit dieses Jahr bereits zum dritten Mal statt. Wer sich danach für den Kauf eines Transportfahrrades mit Kindersitzen entscheidet, kann beim Kanton einen Förderantrag stellen. Wird dieser genehmigt, übernimmt der Kanton 30 Prozent des Kaufpreises oder richtet Förderbeiträge bis maximal 1000 CHF (ca. 900 €) aus. Voraussetzung ist, dass die Antragsteller im Kanton Basel-Stadt wohnen und das Kistenvelo innerhalb der letzten sechs Monate gekauft worden ist. 2016 hat der Kanton dafür 90.000 CHF (ca. 82.000 €) bereitgestellt.

Seit März 2016 können in Basel im Rahmen des Verleihsystems »Carvelo2go« Transportfahrräder gemietet werden. Partner bei diesem Projekt sind der Kanton Basel-Stadt, die Industriellen Werke Basel IWB, der Automobilverband TCS (!) und »Pro Innenstadt Basel«. An 16 Standorten bei Apotheken, Bäckereien, Restaurants usw. können insgesamt 17 Transportvelos mit Elektromotorunterstützung gemietet werden. Die beteiligten Geschäfte kassieren die Miete, verwalten Schlüssel und Akkus und stellen die Standplätze bereit. Sie dürfen im Gegenzug die Transportfahrräder auch für eigene Transporte benutzen. In St. Gallen, Bern und in Vevey betreibt Carvelo2go weitere Standorte mit entsprechenden regionalen Partnern. Die Transportfahräder können über carvelo2go.ch gebucht werden. Im kleinen Solothurn vermietet die bewachte Velostation unter dem Bahnhofvorplatz Transportvelos mit Elektromotorunterstützung.

Fazit

Einkaufen mit dem Fahrrad ist zeitsparend, weil näher an die Geschäft herangefahren werden kann, die Parkplatzsuche entfällt und mit dem Auto nicht befahrbare Abkürzungen benutzt werden können. Dazu zwei Beispiele: Die vom Autor am häufigsten gefahrene Einkaufstour mit den Zwischenstationen Bauernladen, Recyclinghof, Bankautomat, Filiale eines Großverteilers im Dorf und Post misst ca. 3,5 km und wird je nach Umfang der Einkäufe in 40 bis 50 Minuten bewältigt. Für den Einkauf in der Metzgerei im ca. 3 km entfernten Nachbardorf sind es maximal 40 Minuten. Nicht eingerechnet in diesen Zeiten sind die sozialen Kontakte, die auf dem Fahrrad auch besser gepflegt werden können als im Auto,

Es gibt nur wenige in einem Privathaushalt auftretende Transportbedürfnisse, die sich nicht mit dem Fahrrad bewältigen lassen. Ein dafür geeignetes Fahrrad mit dem jeweils an die Transportaufgabe angepasstem Logistikzubehör ist vergleichbar mit dem Geräteträger eines Landwirts, der sich auch mit wenigen Handgriffen mit den entsprechenden Geräten für die jeweiligen Feldarbeiten ausrüsten lässt.

Bild 15: Eine Auslegeordnung des Fahrradlogistikzubehörs zum Einkaufen vor dem Liegetrike des Autors. Auf dem Bild fehlt nur der Carryfreedom Y-Frame Small Transportanhänger.

Fahrradlogistikzubehör auszuwählen, mit Selbstgebautem zu ergänzen und die Grenzen des Machbaren auszuloten bereitet Spaß, hält die Mobilitätskosten und Umweltbelastung gering, trainiert Körper und Geist und lässt manchen SUV- und Kombifahrern verblüfft den Unterkiefer herunterklappen. Allerdings kann der Autor eine daraus entstandene leichte Überversorgung mit Logistikzubehör nicht bestreiten, d.h. ein gewisses Suchtpotential ist vorhanden. Immerhin, mangels Bedarf fehlt wenigstens ein Bootswagen.

Zum Autor

Eduard J. Belser hat ursprünglich an der ETH Zürich Forstwirtschaft studiert und sich dann in Museumswissenschaften weitergebildet. Er arbeitet an verschiedenen Museumsprojekten mit und ist als Fachjournalist tätig. Das Autofahren hat er vor gut 25 Jahren ganz aufgegeben und fühlt sich mit Liegetrike und öffentlichem Personenverkehr mobilitätsmäßig bestens versorgt.

Anmerkungen

  1. Die schweizerischen Bundesbahnen SBB schreiben dazu: »Mit einem Velobillett (Fahrkarte fürs Fahrrad) können Sie Fahrräder in den meisten Zügen und Postautos in der Schweiz selbst verladen. Zusammengeklappt und in einer geeigneten Tragetasche verpackt können Sie es sogar kostenlos als Handgepäck mitnehmen.«
  2. Vergleiche: »Zweigangfreuden – Eine Lanze für Double-Speed-Räder« von Stephan Rohn in Fahrradukunft-Ausgabe 15 vom April 2013 und »Erfahrungen mit der Zweigangnabe «Automatix» von SRAM« von Stephan Rohn, in FahrradZukunft Ausgabe 19 vom Dezember 2014.
  3. Ein Leserbriefschreiber frage sich darob in der Basler Zeitung, ob der Ausdruck »Kistenvelo« bedeute, das man nach einem Unfall mit einem Auto auch gleich in dieser Kiste beerdigt werde.