Ausgabe 25 · August 2017

Diesen Artikel als PDF

Mit einem Faltrad die Hürden im Pendlerverkehr meistern

von Markus Stüdeli

Es ist paradox: Einerseits nimmt der motorisierte Pendlerverkehr in der Schweiz Jahr für Jahr zu. Die Pendlerstrecken werden zudem zeitlich und von den Distanzen länger [1]. Dies bedeutet mehr Verkehr, Stau und Stress. Gleichzeitig ist es erwiesen, dass sich regelmäßiges Pendeln mit dem Fahrrad positiv auf Gesundheit und Lebenserwartung auswirkt [2]. Trotzdem zeigt der Modalsplit in der Pendlerstatistik, dass das Fahrradpendeln nicht vom Fleck kommt und hierzulande seit Jahren bei unter 5 % stagniert [3] (in Deutschland sind es immerhin knapp 10 %, in den Niederlanden 26 %).

Die Hürden

Wo liegen die Gründe dafür, dass zum Pendeln nicht mehr Menschen das Fahrrad nutzen oder zumindest eine Teilstrecke im kombinierten Verkehr damit zurücklegen? Nicht alles lässt sich mit topographischen, kulturellen oder klimatischen Besonderheiten erklären. Dem Fahrrad als Pendlerfahrzeug stehen eine Vielzahl von Hürden im Weg: von Seiten des Benutzers, der Infrastruktur und des Fahrzeugs selbst [4].

  • Beim Pendler als Person sind es Hürden wie mangelnder Zugang zum oder Vertrautheit mit dem Fahrrad, fehlende physische Belastbarkeit und fehlendes Vertrauen in die Sicherheit des Fahrrades als Verkehrsmittel.
  • Bei der Infrastruktur sind die wichtigsten Hürden ein fehlendes oder ungenügend ausgebautes Radwegnetz für Pendler, fehlende oder unsichere Abstellmöglichkeiten am Wohn- und Arbeitsort sowie an Bahnhöfen und Bushaltestellen und fehlende oder teure Mitnahmemöglichkeiten im öffentlichen Verkehr.
  • Beim Fahrrad spielen mangelnde Handlichkeit, geringer Diebstahlschutz, Defektanfälligkeit, zu geringe Transportkapazität, mangelnde Flexibilität und ein altbackenes Image (z.B. beim klassischen Stadtrad) eine wichtige Rolle.
Bild 1: Velopendler im kombinierten Verkehr nutzen in der Schweiz meist ein »Bahnhofvelo« mit all seinen Nachteilen: Ungeschützt vor Vandalismus und Diebstahl und der Witterung ausgesetzt gammelt es vor sich hin.

Das Individuum ist es gewohnt, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen – und wo sich ihm zu viele oder zu hohe Hürden in den Weg stellen, sucht es nach einem einfacheren Weg – und wechselt deshalb oft zurück zum Auto.

Unsere Gesellschaft begegnet diesen Hürden für den kombinierten Pendlerverkehr auf unterschiedliche Art und Weise: Urbane Zentren und größere Städte wie Paris, Straßburg, Kopenhagen, Amsterdam, Barcelona, Berlin oder Malmö haben erkannt, dass es nur durch Abbau dieser Hürden zu einem relevanten Umsteigeeffekt kommen kann, welcher sie vom motorisierten Individualverkehr entlastet. Sie haben in Infrastruktur wie Radwege und Verleihsysteme investiert, den Straßenraum neu aufgeteilt und die öffentlichen Verkehrsmittel radfreundlicher gemacht. Kleinere Städte und ländliche Regionen engagieren sich dagegen oft weniger für die Verringerung dieser Hürden; wohl deshalb, weil der Leidensdruck noch zu gering und die Abhängigkeit vom motorisierten Individualverkehr zu groß ist. So auch in der Regel in der Schweiz, von Ausnahmen wie Basel und Winterthur abgesehen. Es liegt hier meist am individuellen Pendler, kreative Lösungen zum Überwinden der Hürden zu finden.

Bild 2: Cargo-Falträder wie das Tern Cargo Node ermöglichen die Mitnahme größerer Frachtmengen im kombinierten Verkehr.
Von: Alban Manz, PR Account Manager Tern.

Das Faltrad als Hürdensprinter

Wie kommt hier das Faltrad ins Spiel? Das Faltrad ist die Radform, welche sich am weitreichendsten für den Einsatz als Pendlerfahrzeug im kombinierten Verkehr spezialisiert hat. In den letzten Jahren sind Modelle auf den Markt gekommen, welche die unterschiedlichsten individuellen Bedürfnisse abdecken: Cargo-Falträder, geländegängige Modelle mit Rädern in Normalgröße, vollgefederte Modelle, E-Falträder, ultraleichte Sprinter, Touren-Falträder oder äußerst kompakte Modelle, welche im Schließfach oder zwischen Zugsitzen noch einen Platz finden – der Pendler bekommt heute garantiert ein Faltrad, welches seinen Möglichkeiten, Bedürfnissen und Wünschen entspricht.

Mit einem Faltrad lassen sich gleich mehrere Hürden einfach überspringen:

  • Ähnlich wie ein E-Bike kann es mangelnde physische Belastbarkeit kompensieren – nicht durch einen Motor, sondern indem es die einfache Nutzung des kombinierten Verkehrs erlaubt (z.B. per Bus den Berg hinauf zur Arbeit, bergab nach Hause mit dem Rad). Dies alles, ohne dabei Zusatzkosten zu verursachen wie für ein Fahrradticket oder einen gesicherten Abstellplatz am Bahnhof.
  • Dank des Umstandes, dass sich ein Faltrad überall einfach verstauen lässt, entfällt die Notwendigkeit eines Fahrrad-Abstellplatzes am Wohn- und Arbeitsort: Es kommt mit in die Wohnung oder ins Büro und ist damit gleichzeitig besser geschützt vor Diebstahl, Vandalismus und Witterungseinflüssen.
    Bild 3–4: Modelle wie das Brompton lassen sich äußerst kompakt falten und stören so weder im Zugabteil noch am Arbeitsplatz.
    Von: Brompton Schweiz
  • Ein Faltrad lässt sich flexibler einsetzen als ein normales Fahrrad: Es findet problemlos Platz im Auto des Arbeitskollegen, im Taxi, im Geschäftslieferwagen oder im Hochgeschwindigkeitszug ohne Fahrradstellplätze und kommt so auch dann mit, wenn ein anderes Rad zurückgelassen werden müsste.
  • Auf den ersten Blick mag ein Faltrad wegen der Belastung der Kabel durch den Faltvorgang defektanfälliger erscheinen als ein normales Rad. Die heutigen Modelle bieten aber allerdings ausgeklügelte und über die Jahre erprobte Faltmechanismen, welche Kabel und Kette im gefalteten Zustand für den Transport abdecken und so vor äußeren Einflüssen schützen – besser als bei einem normalen Fahrrad. Außerdem müssen Falträder nicht im Regen stehen gelassen werden, weil sie sich gefaltet einfach ins Café oder zu Freunden in die Wohnung mitnehmen lassen. Deshalb weisen hochwertige Falträder oft eine längere Lebensdauer und einen höheren Wiederverkaufswert auf als vergleichbare normale Räder.
    Bild 5: Ein Birdy-Faltrad ist vollgefedert und tourentauglich und eignet sich so nicht nur zum Pendeln, sondern auch für größere Strecken, für die der kombinierte Verkehr genutzt werden soll.
    Von: Stefan Buballa
  • Ein heutiges Faltrad kommt nicht mehr als unpraktisches schweres und verstaubtes Einheitsmodell mit klappriger Mechanik daher, sondern verfügt über ein auf Pendler zugeschnittenes Gepäcksystem, umfangreiche Accessoires und Tuningteile. Es ist ein Hingucker mit individueller Note, ausgereifter Technik, cleverer Mechanik und urbanem Sex-Appeal.

Die Hürden, welche sich dem Fahrradpendler in den Weg stellen, sind also durchaus nicht unüberwindbar: Wo die Gesellschaft (noch) keine radgerechte Infrastruktur und radfreundliche öffentliche Verkehrsmittel anbietet, bietet sich mit einem Faltrad in vielen Fällen eine genial einfache Alternativlösung an, womit sich diese Hürden elegant überspringen lassen.

Anmerkungen

  1. Bundesamt für Statistik: Tabelle erwerbstätige Pendler/innen (Arbeitspendler/innen) nach Länge und Zeitbedarf für den Arbeitsweg.
  2. Laut breit angelegter Studie im British Medical Journal mit fast 200.000 untersuchten Fällen. BMJ 2017. 357:j1456.
  3. »Pour l’heure, la part modale du vélo en Suisse reste relativement faible: en 2010, seules 4,8 % des étapes étaient effectuées à bicyclette, un chiffre quasi équivalent à celui de 1994.« Marie Mundler et Patrick Rérat: Développer l’usage utilitaire du vélo en Suisse. p. 1
  4. »Le choix de recourir au vélo comme mode de transport semble reposer sur trois éléments: les individus, le territoire et l’objet vélo…« Marie Mundler et Patrick Rérat: Développer l’usage utilitaire du vélo en Suisse. p. 2ff

Zum Autor

Markus Stüdeli, 47, aus Biel/Schweiz ist Stadtbewohner, Arbeitspendler, Alltagsradler und Familienvater ohne Führerschein. Radfahren ist für ihn Hauptverkehrsmittel, Hobby und Beruf zugleich, seit er im Herbst bei Brompton Schweiz als Kommunikations- und Eventverantwortlicher eingestiegen ist. Die Förderung des Fahrrades als Verkehrsmittel auch außerhalb des Nahverkehrsbereiches im kombinierten Verkehr ist ihm ein spezielles Anliegen.