Ausgabe 7 · Dezember 2008

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Fahrradenthusiasten für Mitarbeit in Uganda gesucht

von Frank Lüschow

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Moving slowly but reaching very far – das Fahrrad als Zukunftsversprechen

Es gibt Länder in denen das Verhältnis des Menschen zum Zweirad durch andere Relationen geprägt ist als durch die Lust am Fahren, die Herausforderung sich fit zu halten oder das Verlangen Natur zu erleben. All diese wohlüberlegten Antworten kämen einem Radfahrer in Uganda kaum in den Sinn, wäre er aufgefordert über die Motivation seines Tuns Auskunft zu geben.

Der so Befragte würde vielleicht von seinem Stolz berichten, mittles des Fahrrades den Lebensunterhalt seiner Familie als Transportunternehmer bestreiten zu können oder auch auf ein Mehr an Möglichkeiten hinweisen, die seinen Kindern zukommt, durch den Besitz eines Fahrrades die nächstgelegene Schule zu besuchen.

Für die Mehrheit der ärmeren Menschen in Uganda stellt ein Fahrrad das Fortbewegungsmittel in eine bessere Zukunft da – mindestens ein Versprechen auf mehr Mobilität und damit auf Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung des kleinen Landes am Äquator.

Dabei haben es RadnutzerInnen in Afrika gar nicht leicht. Als Arme-Leute-Fortbewegungsmittel diffamiert, werden Radler von den stärkeren Verkehrsteilnehmern missachtet und gechasst. Wer nicht vorsichtig ist, wird einfach von PS-starken Neureichen von der Trasse gefegt oder von genervten LKW-Fahrern bei ihrem Schlagloch-Korso überrollt.

Dass Fahrrädern eine wichtige volkswirtschaftliche Größe in der Entwicklungsökonomie eines armen afrikanischen Landes zukommt, spricht sich erst zögerlich herum.

Einsicht in diese Erkenntnis hieße für Stadtplaner, Wirtschaftspolitiker und Entscheidungsträger in den afrikansichen Metropolen, gezielt Fahrradförderungsprogramme aufzulegen. Davon sind die meisten afrikanischen Länder noch weit entfernt. Aber es gibt sie, die kleinen unermüdlichen Nichtregierungsorganisationen, die die Mehrung des Wohls der ärmeren Bevölkerungsschichten durch Fahrradförderungsprojekte auf Ihre Agenda gesetzt haben.

Zwei dieser Fahrradpromotoren finden sich an den Ufern des Viktoriasees, in Jinja, der zweitgrößten Stadt Ugandas.

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Durch Zusammenarbeit mit Unterstützergruppen aus Deutschland, Holland und England gelang es in letzten Jahren Spendenfahräder an NutzerInnen zu verteilen, die ohne Sponsoren nicht in den Genuss des Zweirradgebrauchs gekommen wären. Überall im Lande konnten jungen Arbeitslosen Erwerbsperspektiven als Fahrradtransporteure eröffnet, Hebammen und Krankenschwestern der weite Weg zu ihren PatientInnen erleichtert oder Kranken mit Bicycle Ambulances Zugang zu dringend benötigter medizinischer Hilfe gebahnt werden.

Gesucht: Engagement, Offenheit, Interesse an Fahrrädern

Die beiden kleinen Organisationen am Vikoriasee sind jetzt eine neue Kooperation eingegeangen: Im Rahmen des Freiwilligenprogramms »weltwärts« vom Bundesentwicklungshilfeministerium würden die Fahrradlobbyisten gerne jeweils einen Freiwilligen in ihrem Team aufnehmen.

Deutscher Kooperationspartner in diesem Volontärtransfer ist artefact, Zentrum für nachhaltige Entwicklung in Glücksburg an der deutsch-dänischen Grenze. artefact ist eine Entsendeorganisation im Rahmen des Freiwilligenprogramms »weltwärts« und schickt seine TeilnehmerInnen zu Partnerorganisationen in die Region rund um den Viktoriasee, damit diese dort in einjährigen Einsätzen Gutes tun. Das Programm wendet sich allerdings nicht an Entwicklungshelfer, sondern ist als solidarisches Lernprojekt konzipiert. Im Focus stehen junge Deutsche zwischen 18 und 28 Jahren, die für ein Taschengeld, Unterkunft, Verpflegung und ein Flugticket bereit sind tatkräftig mit anzupacken.

Patrick Kayemba, Manager der Non-Profit Organisation Fabio (First African Bicycle Information Office) bekräftigte kürzlich während eines Besuches in Glücksburg die großen Erwartungen an die neue Kooperation: »Wir haben bereits viele positive Erfahrungen mit deutschen Praktikanten gemacht. Für das neue Projekt wünschen wir uns

einen Fahrradbegeisterten, der mit Sinn für das Praktische bei uns richtig einsteigt. Wir sorgen dafür, dass den Freiwilligen ihr Aufenthalt bei uns ein unvergessliches Erlebnis bleibt.«

Die Idee des »weltwärts«-Programms ist damit auf den Punkt gebracht: Der lebendige Austausch in der Arbeitsumwelt einer Nichtregierungsorganisation führt zur gegenseitigen Bereicherung auf der Grundlage von Offenheit und interkultureller Begegenung.

Sehr gerne würden die beiden Fahrradprojekte in Uganda Freiwillige aufnehmen, die entweder gute Grundlagen in Fahrradtechnik mitbringen oder Interesse an der Mitarbeit im Büro und bei der Projektorgansation haben. Interessant wären auch Menschen mit guten Anwenderkenntnissen im EDV Bereich, zur Pflege einer Webpage und allen anfallenden Computerarbeiten.

Neben der Unterstützung der Entwicklungsinitiativen bleibt den Freiwilligen noch genug Zeit sich von den Quellen des Nils und den Ufern des Viktoriasees zu ausgedehnten Radtouren in einer einzigartigen Landschaft verlocken zu lassen.

Nähere Informationen für Interessierte:
solivol.org – solivol@artefact.de

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Zum Autor

Frank Lüschow zählt zu seinen nachhaltigsten frühen Kindheitserinnerungen den Tag, an dem er ohne Stützräder das Gleichgewicht balancieren lernte, Reiseradler, seit über 20 Jahren afrikabegeistert, derzeit mitverantwortlicher Ansprechpartner des Freiwilligenprojekts solivol von artefact in Glücksburg /Ostsee.